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Aargau: Mehr Mittel zur Vergütung von GWL der Spitäler

(pd) Neu sollen unter anderem Leistungen für Polytrauma und Stroke Center sowie für grosse Notfallstationen abgegolten werden. Diese neu als gemeinwirtschaftliche Leistungen (GWL) definierten Angebote der Spitäler sowie deren Vergütung respektive die Erhöhung der Vergütungen bereits bestehender GWL erfordern eine Revision der Verordnung über die gemeinwirtschaftlichen Leistungen (GWLV).

Die Finanzierung von Leistungen im Spitalwesen erfolgt mittels Tarife, die Versicherer und Spitäler vereinbaren. Spitäler erbringen zudem verschiedene versorgungsnotwendige Leistungen für die Allgemeinheit, die nicht durch diese Tarife abgedeckt sind. Der Regierungsrat hat medizinische Leistungen im Bereich der hochspezialisierten Medizin und der Notfallversorgung als GWL definiert sowie höhere Abgeltungen für den Betrieb einer Kinderklinik und die Rotationsassistenzstellen für angehende Hausärztinnen und Hausärzte beschlossen.

Anpassungen der GWLV
Die folgenden Leistungen werden neu in der GWLV aufgeführt:
• Polytrauma und Stroke Center: Für die Leistungsaufträge der Hochspezialisierten Medizin (HSM) wie Polytrauma (Versorgung von Mehrfachverletzten) und Stroke Center (hochspezialisierte, komplexe Behandlung von Schlaganfällen) muss ein Spital rund um die Uhr die Fähigkeit zur Aufnahme und Versorgung von Schwerverletzten und Personen mit Schlaganfall sicherstellen. Diese Vorhalteleistungen umfassen besonderes Fachwissen von jederzeit einsatzfähigen Spezialisten sowie eine entsprechende Infrastruktur, die ebenfalls rund um die Uhr einsatzfähig sein muss. Die für die Erfüllung der von der Interkantonalen Vereinbarung über die hochspezialisierte Medizin (IVHSM) erteilten Leistungsaufträge für den Betrieb eines Stroke Centers und Polytrauma notwendigen Vorhalteleistungen werden neu als GWL definiert und gestützt auf die GWLV vergütet.
• Notfallstation: Für mehrere Leistungsaufträge ist gemäss Spitalliste Akutsomatik der Betrieb einer Notfallstation Level 3 erforderlich, was der höchsten Anforderungsstufe für Notfallstationen entspricht. Sie beinhaltet eine Abdeckung der Zeit zwischen 8.00–23.00 Uhr unter der Woche durch Fachärztinnen und Fachärzte (Chirurgie/Medizin) sowie in der restlichen Zeit und rund um die Uhr an Wochenenden und Feiertagen durch erfahrene Assistenzärztinnen und Assistenzärzte (die sich in der zweiten Hälfte ihrer Facharztausbildung befinden). Jene versorgungsrelevanten Notfallstationen, die zusätzlich zur Level-3-Anforderungsstufe jährlich mindestens 10’000 stationäre Notfalleintritte verzeichnen, sollen die ausgewiesenen Vorhalteleistungen als GWL vergütet erhalten. Dies betrifft die Notfallstationen der Kantonsspital Aarau AG (KSA) und der Kantonsspital Baden AG (KSB).
• Sicherheitsdienst auf Notfallstation: Zur Gewährleistung der Sicherheit von Patientinnen und Patienten, Angehörigen sowie des medizinischen Fachpersonals auf Notfallstationen kann ein Sicherheitsdienst notwendig sein. Die Problematik gewalttätiger Patienten beziehungsweise deren Angehöriger tritt primär im psychiatrischen Notfall (Psychiatrische Dienste Aargau AG [PDAG]) sowie den grossen Notfallstationen der beiden Kantonsspitäler KSA und KSB auf. Die Anstellung von Sicherheitspersonal ist weder im ambulanten noch in den stationären Tarifen anrechenbar und wird deshalb vom Kanton neu via GWLV vergütet.
Die folgenden Leistungen, die bereits in der GWLV enthalten waren, werden erhöht:
• Betrieb einer Kinderklinik: Kinderkliniken sind von erheblichem öffentlichem Interesse, weil im Kanton Aargau ein Mangel an niedergelassenen Kinderärztinnen und Kinderärzten besteht und deshalb ein grosser Teil der Versorgung in den Kinderkliniken der Spitäler stattfindet. Ein Grossteil dieser Behandlungen findet ambulant statt; das heisst es kommt zu keinem stationären Spitalaufenthalt. Diese aufwendige medizinische Versorgung ist in den Tarifen nur unzureichend abgebildet.
• Rotationsassistenzstellen: Um dem Mangel an Hausärztinnen und Hausärzten entgegenwirken zu können, bietet der Kanton Aargau seit 2014 ein Hausarztcurriculum an. Im Rahmen dieses Hausarztcurriculums für das Erlangen des Facharzttitels in Allgemeiner Innerer Medizin benötigen die angehenden Hausärztinnen und Hausärzte auch Erfahrung in Spezialfächern wie Rheumatologie, Dermatologie, Infektiologie oder Orthopädischer Chirurgie. Das Bereitstellen dieser sogenannten Rotationsassistenzstellen ist für die jeweilige Fachklinik im Spital sehr kostspielig, weil die angehenden Hausärztinnen und Hausärzte fachfremd sind, die Einarbeitungszeit lang und die Verweildauer kurz ist. Der hohe Kostendruck bei den Spitälern führt dazu, dass die Fachkliniken immer weniger Rotationsassistenzstellen zur Verfügung stellen. Um diesem Trend entgegenzuwirken, erhöht der Kanton das Entgelt dieser GWL.
Schliesslich enthält die revidierte GWLV eine Neuregelung der Voraussetzungen für die Auszahlung von GWL für die Intensivpflegestation (IPS).

Finanzieller Mehrbedarf bereits budgetiert
Der Grosse Rat hat die finanziellen Mittel zur Abgeltung der neu einzuführenden und erhöhten GWL mit dem AFP 2025–2028 bereitgestellt. Für diesen Zeitraum sind jährlich mehr als 76 Millionen Franken für GWL budgetiert, was einer Erhöhung von knapp 14 Millionen Franken im Vergleich zum laufenden Jahr entspricht. Seit 2019 hat der Grosse Rat total zusätzliche 53 Millionen GWL gesprochen, was mehr als einer Verdreifachung des Betrags entspricht (2019: 23 Millionen Franken, 2024: 61 Millionen Franken, Zahlen auf Millionen gerundet). Diese Beträge sind inklusive intermediäre Leistungen IML (GWL in der Psychiatrie gemäss § 17a Spitalgesetz).
Inkrafttreten
Die geänderte Verordnung tritt am 1. Januar 2025 in Kraft. Der angepasste § 4 Abs. 3 lit. e GWLV über die Abgeltung der IPS tritt bereits am 23. Dezember 2024 in Kraft, damit die Neuregelung bereits im Jahr 2024 angewendet werden kann und die bereits budgetierten Mittel für das laufende Jahr ausgerichtet werden können.

Tarife vs. GWL
Zur Aufrechterhaltung der Gesundheitsversorgung im Kanton Aargau sind die Leistungsangebote der Spitäler unerlässlich. Ein Grossteil dieser Leistungen wird über verschiedene Tarifsysteme (ambulant [TARMED] und stationär [SwissDRG, STReha, TARPSY]) vergütet.
Die Spitäler erbringen zudem weitere versorgungsnotwendige Leistungen, die nicht durch die Tarife finanziert werden. Insbesondere die GWL werden gemäss Art. 49 Abs. 3 Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) nicht durch Tarife vergütet. Die Abgeltung von GWL durch den Kanton gemäss § 17b Spitalgesetz (SpiG) vom 25. Februar 2003 erfolgt kostenbasiert und nur für versorgungsnotwendige Leistungen, welche die Spitäler erbringen müssen, aber nicht über die Tarife verrechnen können.